Dienstag, der 20.08.2013; auf der alten Salzstraße von Lübeck bis Lauenburg an der Elbe, ich finde sehr versteckt die St. Jürgen Kapelle und komme zu einem Dorf, dass mal wieder vom Hochwasser betroffen ist

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Ich bin schon früh wach und der Erste im Frühstücksraum. Es ist eine Schulklasse hier, die aber glücklicherweise erst später dazu stößt. In der Nacht habe ich erstaunlicherweise nichts von denen gehört! Auch jetzt machen sie einen sehr rücksichtsvollen Eindruck, anders als gestern in Scharbeutz. Packen und Bettabziehen, alles 4 Stockwerke runtertragen und wieder hoch stampfen. Mensch, bin ich froh, gut trainiert zu sein. Ich lade alles aufs Rad und dann suche ich den Elbe-Lübeck-Kanal, der hinter dem Holstentor losgehen soll. Aber ich finde keine Hinweisschilder und außerdem möchte ich ja die St. Jürgen Kirche finden. So etwas gibt es ja im Rheinland nicht und so etwas habe ich auch noch nie gefunden. Über eine breitere Ausfallstraße komme ich schnell in den Stadtteil St. Jürgen. Aber ich muss mich mehrfach durchfragen, bis mir eine nette ältere Dame den Weg erklären kann, der dann gar nicht mehr so weit ist. Umgeben von einem Friedhof ist diese Kapelle in typischem Ostsee-Backsteinziegelbau für ein bis 1847 bestehendes Hospital errichtet worden. Im Inneren, als auch im Äußeren findet sich Georg der Drachentöter, den wir auf unserer Reise in verschiedenen auch politischen Bedeutungen schon gefunden haben. Im Norden wird anstelle des Namens Georg halt Jürgen verwendet und meiner Mutter sei Dank, hat sie mir diesen Namen gegeben. Der Pastor meinte jedoch bei der Taufanmeldung der Georg müsste noch hinzu und Maria als Zusatz wäre dann auch noch zu empfehlen. Daher steht in meiner Geburtsurkunde Jürgen Maria Georg Vosen, wobei nur die ersten beiden verwendet werden! Der schlichte Innenraum lädt zum Verweilen ein und ich habe allen Grund einen stillen Dank für die so schöne und unbeschwerte Reise abzugeben und auch für den Rest meiner langen Fahrt noch um Schutz zu bitten. Danach geht es erst einmal in den Vorstadtverkehr von Lübeck, bis ich dann auf den Elbe-Lübeck-Kanal treffe, dem ich dann immer auf einem begleitenden Kies-Schotterweg rd. 80 km folge. Immer wieder erwische ich mich dabei, dass ich in den Rückspiegel sehe, aber keiner meiner Radelpartner ist hinter mir. Nun könnte ich ein Tempo fahren, wie es mir genehm wäre, aber ich habe mich so in der Trittfrequenz und dem Tempo angepasst, dass ich immer meine Partner hinter mir wüsste. Ich spüre ein komisches Gefühl, es ist nicht die erwartete Unabhängigkeit, die ich auskosten wollte, sondern schon ein wenig ein Gefühl des Verlustes. Es überrascht mich und ich freue mich über wenn auch nur ganz wenige Begegnungen auf meinem Weg. Einer Familie, die an einer Schleuse auf ihrem Motorboot auf die Einfahrt in den Schleusenkanal wartet, während ich vorbei radle, rufe ich zu: „Das wäre mir zu gemütlich!“ Was zu einem netten Dialog führt. In Berkenthin liegt eine Rekonstruktion eines mittelalterlichen Kahns am Ufer. Schon ab dem 14. Jhd. wurde in Lüneburg gesiedetes Salz von Lauenburg mit solchen Kähnen über die Vorläufer des Elbe-Lübeck-Kanals nach Lübeck transportiert. Wie ich so vor mich hin strample, entdecke ich, dass Nacktschnecken immer zielgerichtet exakt im rechten Winkel den Fahrweg queren. Wenn sie wüssten, dass sie dann volle Breitseite bieten und viel gefährdeter sind durch Radfahrer, als wenn sie diagonal queren würden (längs wäre genauso unsinnig). Schei …e, über was denkt man denn so nach, wenn man Stunden alleine fährt? Beim Verlassen des Kanals wird es etwas schwierig nach Lauenburg herein zu finden. Ich treffe jetzt auf viele Reiseradler, die auf der östlichen Seite der Elbe unterwegs sind. Hier sind Ellen, Elisabeth, Karl-Josef und ich im letzten Jahr auch von Hamburg bis Prag gefahren. Ich gehe in die Touristeninformation, hole mir Rat zu einem Campingplatz auf der anderen Seite der Elbe in Hohnstorf und kaufe mir eine Fahrradkarte zur Lüneburger Heide. Im Ort Lauenburg sind noch deutliche Spuren vom Hochwasser aus dem Mai zu erkennen, das wir ja nur beiläufig mitbekommen hatten, da wir ja schon Ende April gestartet sind. Auf der anderen Seite erfahre ich dann, dass der Campingplatz in Hohnstorf ebenfalls komplett hoch unter Wasser gestanden hat. Aber es gibt dann erst eine Ernüchterung, als mir ein Campingbewohner mitteilt, dass der Campingplatz nur noch auf privater Basis benutzt werden kann. Glücklicherweise mache man aber für Radler eine Ausnahme, da diese ja nur immer eine Nacht blieben und die Elberadweg-Führer diesen Platz noch auswiesen. Leider sei der Platzwart aber z.Zt. nicht da und wenn ich einen Schlüssel bräuchte für Toilette und Dusche könne ich ihn geliehen haben. Den Platzwart habe ich auch am nächsten Tag nicht zu Gesicht bekommen, was ich ohne Nutzung der Toilette und Dusche dann auch als kostenlose Übernachtungsmöglichkeit betrachtet habe. Schlimmer war, dass ich auch nirgendwo eine intakte Steckdose fand und damit nicht an Blogs schreiben konnte. Früh am Abend wird alles schnell feucht und klamm und ich verschwinde schon zeitig in meiner liebgewonnenen Hundehütte (wie entwöhne ich mich hiervon nur wieder?).

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