Dienstag, der 27.08.2013; Mit Begleitung von Ulrike und Heiner ist es leicht, den Weg von Osterath nach Neuss zu finden, erneuter Abschied von meinem Wegbegleiter Heiner und das Wiedersehen mit dem Besten, was Köln zu bieten hat.

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Ein gutes Gästebett und ein geruhsamer Schlaf lässt mich hoffen, bei meiner Rückkehr doch auf Zelt und Thermarestmatratze verzichten zu können. Ich springe schnell unter die Dusche und dann erwartet mich schon ein reichlich gedeckter Frühstückstisch. Obwohl Ulrike und Heiner ja erst gestern Abend zurückgekommen sind und nichts mehr einkaufen konnten, mangelt es an nichts. Natürlich wird noch das eine oder andere Erlebnis berichtet, dies ist nach einer so langen Reise unbedingt nötig. Insbesondere ein vergleichender Rückblick der Wegstrecken, der Aufgeschlossenheit und Hilfsbereitschaft der Menschen, Einkaufs- und Unterbringungsmöglichkeiten, unsere persönliche Verfassung und der Umgang mit den individuellen Fähigkeiten aber auch die Marotten der Reiseteilnehmer sind Gesprächsthema. Ohne Eile packe ich dann meine Sachen zusammen und Ulrike und Heiner holen auch ihre Räder. Heiner hat sein Trekkingrad in Berlin gelassen, aber er hat ja noch ein weiteres Riese-und-Müller-Rad, somit bleibt er auch weiterhin “radelnderweise“ mobil. Die Beiden führen mich durch etliche Schleichwege, die ich im Leben nicht gefunden hätte, aber fast ausschließlich autofrei und es macht richtig Spaß wieder mit anderen zusammen zu fahren. Am Stadtrand von Neus verlassen mich Ulrike und Heiner und nun heißt es ein letztes Mal Abschied nehmen. Dank meines Smartphone Navis finde ich dann auch die Bergheimer Straße, die als L 380 startet und dann in die B 477 wechselt, der ein separater Fahrradweg folgt. An einigen kleineren Ortschaften vorbei geht es dann Richtung Rommerskirchen. An einer eingezäunten Weide sehe ich auf dem Zaun einen Bussard sitzen, der hier scheinbar trotz der nahen Straße ein gutes Jagdrevier hat. An einem beschrankten Bahnübergang muss ich einen Kohlezug passieren lassen und spüre nun endgültig, dass mein Zuhause zum Greifen nahe ist. Aber halt, beinahe hätte ich es vergessen euch teilhaben zu lassen an meiner größten Sorge der letzten Tage. Meine Hinterradfelge schlägt immer spürbarer, und an einer Haltestelle nehme ich mein Werkzeug und stelle die Bremsbacken wieder einmal auf einen größeren Abstand. Es sind doch nur noch rund 30 km bis zum Ziel und bis dahin wird mich die Felge doch wohl nicht im Stich lassen! Steile Abfahrten gibt es nicht mehr, so dass die Vorderradbremse genügen muss. Hinter Rommerskirchen taucht ein vertrautes Bild auf, das neue BoA-Kraftwerk in Neurath, links die alten Blöcke und rechts im Hintergrund mein letzter Dienstsitz, das Kraftwerk Frimmersdorf. Natürlich überlege ich bei meinen Kollegen vorbei zu fahren, aber ich bin bei meiner Mutter zum Mittagessen eingeladen und wenn ich erst einmal bei den Kollegen aufschlage – die meinen Reiseverlauf intensiv verfolgt haben - komme ich vor dem späten Nachmittag da nicht weg. Also muss der Besuch meiner alten Wirkungsstätte noch warten, auch wenn es schwer fällt! In der kleinen Ortschaft Rheidt gibt es im Ortskern eine kleine Gastwirtschaft und ich denke hier ein erstes Kölsch zu bekommen. Aber leider ist hier Ruhetag und so fahre ich auf Büsdorf zu und bin dann auf meiner Fahrradroute, die ich zur Arbeit leider nicht oft benutzt habe, da Außentermine aber auch die Entfernung von rund 25 km, Witterungsbedingungen und letztlich Bequemlichkeit mich häufig abhielten. Hinter Fliesteden geht es noch einen kleinen Hügel hoch und ich habe die Hoffnung, hier mit dem Tele den in ca. 20 km entfernten Kölner Dom einzufangen. Aber immer sind irgendwelche Hochspannungsleitungen und maste im Weg. So fahre ich entlang eines großen Golfgeländes noch hoch auf eine Anhöhe um von dort die Aufnahme machen zu können. Leider liegt Köln in einem Dunstschleier. Aber die beiden Türme des Kölner Doms sind wie der Dom von Uppsala (s. 13.07.2013) von allen Seiten aus der Ferne schon zu sehen. Langsam und vorsichtig fahre ich unter Berücksichtigung der fehlenden Hinterradbremse den Hügel wieder runter und kaufe in einem Geschäft in Glessen einige Pflaumenkuchenstücke zum Mitnehmen. Da ich ohnehin vorsichtig fahren muss, gelingt das auch mit einem Tablett mit Kuchen auf der Lenkertasche. Da meine Elisabeth noch in Urlaub weilt, muss ich einen Haustürschlüssel bei meiner Mutter abholen, die ebenfalls in Königsdorf wohnt. Als ich mein Fahrrad dort abstelle, traue ich meinen Augen nicht als ich auf den Kilometerzähler sehe. Genau 7.999 km bin ich seit der Abfahrt in Lübeck am 27.April gefahren, und es sind auf den Tag genau 4 Monate, die ich unterwegs bin. Herzlich werde ich von meiner Mutter begrüßt, die mich - genauso wie Karl-Josef es sich von seiner Ellen gewünscht hatte – mit Dicken Bohnen, leckeren Salzkartoffeln und Speck verwöhnt. Meine beiden Neffen Nils und Fritz haben mir Bier kalt gestellt und sind natürlich gespannt auf einen ersten Reisebericht. Nun drängt es mich aber dann doch weiter zu fahren, um wieder nach Hause zu kommen. Als ich mein Fahrrad vor der Haustüre abstelle und mein Gepäck vom Rad abgenommen habe (inzwischen Kilometerstand 8.001), fällt mein Blick auf die Hinterradfelge und ich entdecke einen 4 cm langen Riss in der Seitenflanke. Es ist kaum zu glauben, aber damit hätte ich keinen weiteren Tag mehr fahren können! Dieses unbeschreibliche Glück reiht sich an so viele glückliche Momente unserer Reise an, das nun, dem lieben Gott sei Dank, uns alle glücklich und gesund wieder zu Hause hat ankommen lassen.

Dieses ist unser letzter Blog zu der Ostseeumrundung in 2013. Denkbar ist eine Ergänzung der fehlenden Schleife über St. Petersburg, zu der es aber derzeit noch keinerlei Planung gibt. Ob sich meine Wegbegleiter noch einmal zusammen mit mir auf den Weg machen, muss abgewartet werden. Wir alle müssen nach so einer langen Fahrt mit der Fülle an Eindrücken, Erlebnissen und Begegnungen zunächst wieder in unseren Familien ankommen, die während unserer Abwesenheit in hervorragender Weise Garten und Häuser versorgt, sowie all die Dinge erledigt haben, die eigentlich uns zugedacht sind. Unseren Ehepartnern sind wir sehr dankbar, dass sie nicht nur unsere 4- monatige Auszeit akzeptiert, sondern sogar uns zur Durchführung ermutigt und insbesondere auch noch in sehr vielen Dingen unterstützt haben.

Noch während unserer gemeinsamen Reise haben wir vereinbart, dass jeder von uns ein persönliches Fazit bzw. einen Gesamteindruck unseres Abenteuers verfassen wird. Dieses werden wir dann noch hier auf unserer Website ergänzen (eingereiht in der dunkelblauen Auswahlleiste, neben Tagebuch, Märchen usw.)!