Aus dem Nachbarzelt erschallen – wie gewohnt − noch tiefe Schlafanzeichen, als ich mich nach kurzer Nacht aufmache in Richtung Dusche. Der Campingplatz hier auf einer Halbinsel am Rande von Oulu ist relativ groß und wir haben wieder Chipkarten zum Öffnen der Sanitärräume und der Küche. Dies ist immer dann lästig, wenn man was zu tragen hat und die Karte erst einmal aus der Hosentasche friemeln und dann in den Slot stecken muss. Auf dem Campingplatz sind auch noch eine Reihe anderer Zelte. Da wir gestern Nachmittag (Sonntag) um 18:00 Uhr uns ja kurz vor Ladenschluss noch mit neuem Proviant haben eindecken können, gibt es eine reichliche Auswahl zum Frühstück, dazu gehört auch für jeden ein gekochtes Ei. Beim Frühstück diskutieren wir die weitere Ausrichtung unserer Abenteuerreise. Wir werden leider wegen einer persönlichen Disposition den von Karl-Josef angeregten Plan nicht weiter verfolgen, nach Rovaniemi (die Stadt in dem der Weihnachtsmann mit seinem Schlitten und den vielen Rentieren zu Hause ist) fahren und über den Nordpolarkreis nach Pello, um dann am Grenzfluss Klukkolaukoski (finnisch-schwedische Grenze) nach Tornio (finnisch) bzw. Happaranda (schwedisch) zurück zu fahren (gesamt ca. 300 km = 3 Tage). Die Option zum Nordkap zu fahren war ohnehin schon aufgegeben worden, da wir hierfür weitere 1,5 bis 2 Wochen benötigt hätten, aber auch wegen der fehlenden Transportmöglichkeit unserer Fahrräder von Narvik nach Luleå mit dem Zug. Bevor es heute Morgen aber weiter geht, wird nochmal Heiners Vorderrad inspiziert. Aber der Mantel lässt sich nicht „hubbelfrei“ auf der Felge zentrieren. Aber wir haben ja einen Ersatzmantel mit und der wird nun aufgezogen. Auch der Faltreifen (Kevlarring) lässt sich nicht einwandfrei zentrisch aufziehen. Aber er sitzt besser als der Drahtreifen (Drahtring) und Heiner entscheidet, so nun einmal zu fahren. Ein Anruf bei der Fahrradseelsorge in Brühl (Ferdi) hat zum Ergebnis, dass vermutlich die Felge zu schmal für die Reifenbreite ist. Also müsste bei nächster Gelegenheit ein neuer schmalerer Mantel gekauft werden. Wir packen unsere Räder und bringen unsere Chipkarten und den Zeltanhänger zurück zur Rezeption. Hier treffen wir Edi und Werni aus der Schweiz noch und wünschen einander gutes Weiterkommen und Wetter. Ein kurzer Schlenker am Strand vorbei, der hier fast kurortmäßig in Anlehnung an die deutschen und polnischen Kurorte ausgebaut wird. Hier sehen wir Leute im Sand in der Sonne liegen und zum ersten Mal auf unserer Reise etliche auch im Meer plantschen. Danach geht es bei sonnigem Wetter wieder zurück über 2 kleine Inseln in die Stadt Oulu. Wir schlendern über den Wochenmarkt und nehmen die Atmosphäre der größten Stadt Mittel- und Nordfinnlands auf, über die Heiner am Vortag bereits berichtet hat. Beim Verlassen der Stadt kommen wir an einem schön gelegenen See mit Wasserspielen vorbei, bevor es dann von hier aus ca. 40 km über eine Landstraße an dem Städtchen Haukipudas vorbei geht. Hier holen wir uns in einem Geschäft Fertigsalate, zum Nachtisch Mirabellen aus Spanien und für Heiner natürlich mit Schokocreme gefüllte Teilchen. Wir sind die Fastfood-Gerichte der letzten Mittagspausen einfach leid. Das letzte Stück fahren wir nur noch entlang der Hauptküstenstraße 4 oder auch E75 bezeichnet und dies immerzu auf einem ca. 30-50 cm schmalen Randstreifen. Dieser wird begrenzt durch Rattermarken zur Straße hin und zur anderen Seite durch den unbefestigten Seitenstreifen. Schwierig wird es immer die Balance zu halten, bzw. in der Spur zu bleiben, wenn große LKWs oder Wohnwagengespanne an uns vorbei fahren und eine Druckwelle erzeugen. Insbesondere dann, wenn diese dann noch entsprechenden Gegenverkehr haben und nicht weiter ausweichen können. Aber Folgendes soll hier auch erwähnt werden. Immer wieder finden wir bei Ortsdurchfahrten begleitende gut ausgebaute Fahrradwege. Das Besondere in Finnland ist jedoch, dass an Kreuzungsbereichen Fahrradwege jeweils als Unterführungen unter den Hauptstraßen geleitet werden, ein hohes Maß an Verkehrssicherheit. Unterwegs treffen wir einen Radler, der nach Tornio fahren möchte (noch ca. 65 km), nur um dort in die Sauna zu gehen, wie er im nebeneinander Herrollen erzählt. Dann gibt er wieder Gas und fast eine Stunde sehen wir nichts mehr von ihm. Dann taucht er auf einmal wieder von hinten auf und gibt zu verstehen, dass er Knieprobleme hat. Wieder fährt er ein Stück voraus, aber dann müssen wir ihn überholen. Bleibt ein Geheimnis, ob er es noch bis zur Sauna nach Tornio geschafft hat. Ja was sollen wir denn sagen, mit unseren Zipperleins, wenn wir wie an den letzten Tagen immer so um die 100 km bei Sonnenschein oder Regen absolvieren. Am Abend kommen wir auf einen Zeltplatz, der unser bisher mückenreichstes Domizil sein wird. Die Hinweisschilder auf den Zufahrtstraßen zeigen eine 3-Sterne-Kategorie an. Diese muss sich der Campingplatzbesitzer irgendwoher besorgt haben, oder sich selbst zugesprochen, denn der Platz ist äußerst primitiv. Es gibt zwar eine Küche, aber die Kochplatten reagieren eher willkürlich und Trinkwasser gibt es nur an einem Hahn draußen auf dem Hof. Auch der Rest ist bescheiden. Wir lagern aber schön an einem Fluss gelegen und bewundern Angler mit einer Engelsgeduld beim Fliegenfischen. In einiger Entfernung auf der anderen Seite plantschen einige Mädels im Fluss. Deutlich mutiger als wir Männer. Aber in die braunen Fluten zu steigen, Mücken umschwärmt, daran Wohlgefallen zu empfinden, können wir uns nicht so recht vorstellen. Einen der Angler, der nun schon eine ganze Zeit vergeblich mit voller Montur aus dem Wasser steigt, frage ich, ob er denn erfolgreich gewesen wäre. Heute nicht, aber er zeigt mir stolz auf seiner kleinen Digitalkamera wie er einen ca. 60 cm langen Lachs hält, den er wohl vor ein paar Tagen gefangen hat. Früh kriechen wir heute in unsere Zelte und träumen von sonnigen Tagen an schönen Stränden, vom lustvollen Aalen in himmelblauem Wasser der Ostsee.











