Nachts hatte es nur leicht geregnet. Das Zelt war noch etwas feucht. Das frühe Aufstehen am Sonntagmorgen um 06:15 Uhr hat den Vorteil, dass die drei Duschen nicht besetzt sind und der gesamte Raum für Heiner und mich zur Verfügung steht. Die Sonne hatte wieder die Wolken vertrieben, wärmte uns aber nicht an unserem Frühstücksplatz unter dem riesigen Vordach der Campingplatzküche. Das Frühstück wurde mit gespannter Ruhe eingenommen, da nicht klar war, ob Heiners Hinterrad mit Speichenbruch die heutige Tour überstehen würde. Heiner packte mehr auf die Vorderradtaschen und ich nahm diesmal zusätzlich zu meinem Gepäck das Zelt, um auch für Entlastung zu sorgen. Die Route verlief zuerst nördlich bis Asarum. Hier erwartete uns wieder eine weite intensiv bewirtschaftete Landschaft mit großen Bauernhöfen. Der Hof, der mir sehr auffiel, war in Ziegelstein gemauert und besaß nicht, wie bisher hier in Schweden beobachtet, den üblichen Blockhausstil mit der typischen eisenroten Farbe. Es war zwischenzeitlich sehr heiß geworden und ein leichter Wind kam auf. An einem Stück Brachland wehen uns von rechts aus einem schneeweißen Kamillenfeld Blütenpollen entgegen. Es riecht nach einem Aufguss mit Kamillentee, den ich sehr liebe. Über den Cykelspåret erreichen wir Mörrum, ein Zentrum für den Lachsfang am Fluss Mörrumsån. Wir haben jedoch keinen Angler gesehen. Westlich von Näsum überqueren wir den Fluss Holejån. Dann können wir zwischen dem riesigen Ivösjön See und dem Oppmanna-See fast 10 km entlangfahren, finden fast am Ende der Strecke das Schloss Bäckaskog Slott, eine Klosteranlage aus dem frühen 13. Jahrhundert. Es wurde von Prämonstratensermönchen gegründet und im Reformationsjahr 1537 aufgelöst und vom dänischen Staat als Adelsgut übernommen. Im 18. Jahrhundert war es eine königliche Sommerresidenz und wird heute als „Schloss der Rosen“ mit einer sehr großen Parkanlage geführt. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall. Der Ivösjön See ist ca. 10 km lang und macht auf mich zunächst den Eindruck als sei er einer der vielen Ostseefjorde. In der Karte näher hingesehen, erweist er sich als selbständiger Süßwassersee der vom Fluss Holejån gespeist wird und seinen Ablauf nach ca. 5 km beim Ort Bromölla in die Ostsee findet. Wir durchfahren das Zentrum der Obstplantagen Südschwedes. Die Landschaft bleibt hüglig mit langsamen Steigungen und Abfahrten. Kurz vor unserem Tagesziel entdecken wir den ersten Mähdrescher, der ein Gerstenfeld erntet. Von Norden nach Süden haben wir den zunehmenden Reifegrad der Getreidefelder erlebt und nun steht die Ernte an, die uns wahrscheinlich auf unserer weiteren Wegstrecke jetzt begleiten wird. Die Gerstenfelder sind immer ein besonders schöner Anblick, wenn der Wind die langen Halme wellenartig überstreicht. Oder anders ausgedrückt, wie der Wind der durch das Haar einer schönen blonden Schwedin streicht. Verlassen wir romantische Gedanken und kehren zur Strecke zurück. Um es zu verraten, Heiner hat mit seinem defekten Gefährt die Strecke bis zum Zielort Kirstianstad mühelos überstanden. Es war wieder sehr heiß, als wir an einem kleinen Campingplatz mit Jugendherberge unsere Tour beendeten. Morgen hoffen wir auf eine schnelle Reparatur des Speichenbruchs. Nach einer erfrischenden Dusche, die Strecke war wegen der Witterungsverhältnisse und dem zusätzlichem Gepäck für mich sehr anstrengend, aßen wir reichlich und gut zu Abend. Mit den Gedanken „wie problemlos wird wohl die Reparaturwerkstatt zu finden sein und wird es möglich sein die seit längerem immer stärker wackelnde Federstütze des Sattels auszutauschen“ schlafe ich schnell ein.












