Dienstag, den 21.05.2013 – Bernāti über Liepāja bis Ziemupe

Bild des Benutzers Jürgen

Beruhigendes Trommeln des Regens auf das schützende Blechdach der Veranda lassen mich bei angenehmen Nachttemperaturen gut schlafen. Durch mein Nachtquartier habe ich mir das Auf- und Abbauen des Zeltes erspart und was wichtiger ist, es ist trocken geblieben im Gegensatz zu Karl-Josefs Zelt! Zum Schutz vor lästigen Plagegeistern habe ich mir meine Kopfbedeckung und das Mückennetz über den Kopf gezogen, um so alle Angriffe auf nicht eingepackte Körperteile abzuwehren, was sich dann auch als sehr wirkungsvoll erwies. Glücklicherweise haben überall herumkrabbelnde große Waldameisen den Weg in den Schlafsack nicht gefunden. Auch in dieser Nacht bleibt das Gewitter auf Distanz. Wir hören es nur in der Ferne grummeln, aber es schüttet doch kräftig. Nach dem Aufwachen mache ich erst einmal heißes Wasser. Es gibt einen Gasherd und große 5-Liter-Kanister mit Trinkwasser. Das Leitungswasser ist nur zum Duschen und für die Toilette geeignet. Natürlich bringe ich Karl-Josef einen frischen Kaffee in sein Zelt, der ja die Nacht mutig hier ausgehalten hat und trotzdem einen ganz vergnüglichen Eindruck machte. Da wir mit unseren Tagebuchberichten etwas im Rückstand waren, nutzten wir die nicht endende Regensituation zum Schreiben. Leider haben wir hier keine Internetverbindung, so dass wir nichts verschicken können. Unsere nass geschwitzte Wäsche vom Vortag hatten wir teilweise gewaschen und dann unter dem Dach der Veranda zum Trocknen aufgehängt, aber gefühlsmäßig war diese nasser als vorher. Wir trödeln bis in den späten Vormittag rein, um die Abfahrt in den Regen zu verzögern. Als es eine kurze Schauerminderung gibt, wagen wir den Ausritt mit kompl. Regenmontur. Glücklicherweise ist die A11 (bildet hier auch den R10) nicht stark befahren, trotzdem erwischen uns so manche Fontänen von Autos, wenn sie durch die ausgeprägten Spurrillen der Fahrbahn fahren, in denen sich das Regenwasser ansammelt. Keine 20 km weiter kommen wir durch die Stadt Liepāja und finden dort im immer noch strömenden Regen ein Restaurant. Unsere Räder stellen wir unter große Biergartenschirme (schöner Biergarten) ins Trockene. Das Restaurant ist schon von gehobenerem Niveau und dennoch gibt es keine Bemerkungen wegen den Wasserpfützen, die sich um die Garderobe bilden von unserer nassen und aufgehängten Regenkleidung. Der Kellner spricht perfekt Englisch und auch die Speisekarte ist in Englisch. Heiner bestellt wie immer…..na, was,….Fisch und ich „ausnahmsweise“ ein Fleischgericht. Ein leckeres, nicht zu kleines Steak auf Burgundersoße und 2 Spieße mit verschiedenen Gemüsestücken und Kartoffelstücken, die ebenfalls auf diese Spieße aufgereiht waren. Das Ganze noch garniert mit frischem Salat und einer lila Blüte (s. Foto). Als Vorspeise gibt es eine kalte Rote-Beete Suppe, mit Stücken von gekochtem Ei und in Streifen geschnittene Äpfel. Eigentlich stehe ich nicht so auf Rote Beete, aber das war richtig lecker. Für jeden noch ein großes Bier (0,5 l) und einen Kaffee hinterher haben wir ca. 30 lat (45 €) bezahlt. In der Zwischenzeit hatte der Himmel sich doch tatsächlich überlegt, seine Schleusen mal zu schließen. So fuhren wir dann trocken aus der Stadt heraus auf der Suche nach einer kleinen Straße, die uns an den Rand eines Naturschutzgebietes bringt. Die Straße entpuppt sich auf 13 km als absolute Waschbrettrüttelpiste, was unsere Stimmung dann doch wieder gegen 0 laufen lässt. Auf der dann doch längeren letzten Strecke fahren wir zwar immer noch über Schotter, aber die waschbrettartigen Auswaschungen, die ein Radeln mit Gepäck zur Tortur werden lassen, nehmen zum Glück ab. Nach etwas mehr als 50 km erreichen wir das kleine Dörfchen Bernāti und suchen dort ein Geschäft auf, um unsere Lebensmittel aufzufrischen und zu erfragen, wo es einen Zeltplatz gibt. Eine sehr nette und Englisch sprechende Verkäuferin gibt uns eine Visitenkarte und bietet an, da die Vermieterin kein Englisch spreche, sondern nur ein wenig Deutsch, für uns dort anzurufen, was sie dann auch macht. Wir entscheiden uns anstelle des Zeltes wegen unserer durchnässten Kleidung für eine Hütte Sie klärt alles mit der Frau und die Hütte entpuppt sich als kompl. Ferienhaus, mit Küche, großem Aufenthaltsraum, der für uns extra beheizt wird und einer wunderschönen Sauna, die wir allerdings nur - auf Anraten der Frau - als Trockenraum nutzen. Obwohl Karl-Josef fiel es schon schwer, hierauf zu verzichten. Der Schlafraum befand sich im Obergeschoss, der über eine steile Holztreppe erreichbar und mit 11 Betten bestückt war. Die Frau war sehr bemüht uns alles herzurichten. Die Fahrräder durften wir - so dreckig sie auch waren – in den Aufenthaltsraum stellen. Für die Übernachtung mit 3 Personen haben wir 20 Lat = 28 € bezahlt. Den Abend gestalten wir der Landestradition entsprechend mit 2 x 2 l Flaschen Bier (Kunststofflaschen). Eine mit 4,9 %, die andere Flasche mit 7 % Alkohol, die uns in eine bierselige Stimmung versetzen. Aber, geneigte Leserschaft, wir haben nur verfolgt, was uns die Gesundheitsfachleute immer versuchen nahezubringen: beim Sport möglichst viel trinken! Ok, zur Neutralisation gab es zwischendurch noch 2-3 Gläschen Wodka, natürlich nur um uns der „Landestradition“ anzupassen! Wieso gab es denn so reichhaltig Speis und Trank? Nun weil wir doch der netten Verkäuferin, die uns die Ferienwohnung vermittelt hatte, doch etwas zum Umsatz schuldig waren. Das wir einen wunderbaren Schlaf hatten, erübrigt sich zu erwähnen. Aber nach der regnerischen und durchnässenden Fahrt ein Segen, an den wir nicht im Traum gedacht hätten. Beim Einschlafen aber auch noch kurze Sorgengedanken auf den morgigen Tag. Wird die Flüssigkeitsaufnahme uns morgen einen klaren Kopf bescheren und der hl. Petrus uns trockenes Wetter bescheren?

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