Freitag, den 24.05.2013 – Blockhütte in Mikeltornis über die Nordostspitze von Lettland dem Dorf Kolka nach Pürciems (ca. 11 km vor Roja)

Bild des Benutzers Jürgen

Um 6:30 Uhr treibt ein Bedürfnis mich raus und zwingt mich durch die kalte und neblige Morgenluft, zur rd. 80 m entfernten Toilette zu laufen. Mit wasserfesten Sandalen und GoreTex-Socken an den Füßen durch die regennasse und teilweise sumpfige Wiese. Ein kurzer Weg, der ausreicht die nötige Morgenfrische zu erlangen. Danach beginnt eine Diskussion, welches Wasser wir denn als Kaffeewasser benutzen sollen. Das Wasser aus der Leitung stinkt deutlich nach Metall und hat eine noch deutlichere Braunfärbung (könnte man halt Kaffeepulver sparen). Wir einigen uns darauf, dass wir die eisernen Reserven an Trinkwasser opfern, weil ein frischer Kaffee am Morgen schon extrem wichtig ist. Unser Problem ist halt, dass wir ja am Vortag 92 km gefahren und nur an weit auseinander liegenden Weilern vorbei gekommen sind, wo es keine Einkaufsmöglichkeit gab. Wir hatten schlichtweg vergessen in Ventspils unsere Vorräte aufzufrischen, da wir eine schwarze Gewitterfront aufkommen sahen und wir dieser möglichst entkommen wollten. Für diesen Tag stehen aber wieder mindestens 50 km an, bis wir den größeren Ort Kolka erreichen, wo wir hofften endlich wieder etwas einkaufen zu können. Also werden die letzten Wasservorräte eingesammelt und für jeden gibt es noch 2 Becher Kaffee. Auch Brot- und Käsereste haben wir noch gefunden, so dass wir einigermaßen gestärkt in den Tag starten konnten. Unsere Kleidung haben wir in der Blockhütte einigermaßen trocknen können und der Morgennebel ließ Hoffnung auf etwas besseres Wetter aufkommen, was sich dann auch bestätigte. Über den Sand- / Schotterweg ging es dann rd. 4 km zurück auf die seit 2 Jahren frisch geteerte Küstenstraße. Mehrfach kommen wir an Hinweisschildern vorbei, dass die EU finanziell hier mitgeholfen hat. Schlaglochfrei rollen wir morgens immer weiter in Richtung Osten, müssen aber gegen eine steife Brise aus dieser Richtung kommend ankämpfen. Hier bewährt sich das Windschattenfahren, was für einzelne Mitfahrer jedoch nicht so einfach scheint. Alle 15-20 Minuten kommt ein Auto aus der einen oder anderen Richtung. Einige LKW-Fahrer grüßen hupenderweise oder strecken den Daumen hoch beim Entgegenkommen um unser Tun zu loben. Gegen Mittag erreichen wir die nordöstlichste Spitze von Lettland, den für diese Region Lettlands größeren Ort Kolka. Wir fahren noch an die Spitze und finden eine schöne Steinskulptur wo wir unseren bisherigen Erfolg in einem Bild festhalten. Der Strand ist menschenleer und weit draußen vor der Küste schimmert etwas Rotes. Heiner vermutet eine Bohrinsel. Mit meinem Tele fotografiert (war wegen der starken Brise selbst auf dem Stativ nicht einfach) entdecken wir in einer Entfernung von geschätzten 10 km die vorgelagerte Insel Kolkas Barka mit einem Leuchtturm. Es gibt ein kleines Infohäuschen. Der Plan, eine geführte Wanderung durch das Naturschutzgebiet zu machen, schlägt leider fehl, da das Zentrum in einem Ort in etwa 30 km Entfernung ist und es geführte Wanderungen wohl anscheinend nicht gibt. So fahren wir die noch wenigen Kilometer in den Ort Kolka rein und fragen nach einem Restaurant. Ein freundlicher Herr mit passablen Englischkenntnissen, ebenfalls auf einem Rad unterwegs, nimmt uns ins Schlepptau und führt uns in die wohl einzige Bewirtungsmöglichkeit des Ortes, was sich für uns auch in der Rechnung bezahlbar machte. Der freundliche Herr entpuppte sich als Bruder der Wirtin, der ihr wegen fehlender Englischkenntnisse nun im Sommer helfen wolle. Nach dem spärlichen Frühstück ließen wir es aber krachen und gönnten uns zum Nachtisch noch ein Eis mit heißen Kirschen. Daneben gab es einen Minimarkt, in dem meine Begleiter in eine heftige Disputation verfielen, ob wir Wasser in Einzelflaschen kaufen sollten oder direkt im Kanister. Letztlich kauften sie 7 Flaschen 1,5 l/2 l. An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass wir in Litauen und Lettland immer sehr leckeres dunkles Brot haben kaufen können, sei es als Körnerbrot oder auch mal mit Kümmel und einem leicht malzigen Geschmack. In der Regel kaufen wir dann noch Käse und Salami als Brotbelag. Auch versuchen wir je nach Gelegenheit zum Frühstück uns einen Früchtejogurt zu holen. Da es beim Einkauf schon auf 17:00 Uhr zuging, kauften wir noch eine Flasche Wodka um den Abend gemütlich ausklingen zu lassen. Wieder auf den Rädern fuhren wir - jetzt gemütlich mit Rückenwind - noch ca. 25 km weiter und suchten uns dann einen Zeltplatz. Wir fanden einen sehr schön gepflegten Platz, der nur den Nachteil hatte, dass alles was uns das Leben erleichtert hätte noch nicht zur Verfügung stand (so z. B. auch keine Dusche), da noch keine Saison ist. Heiner schreibt bis spät in die Nacht mit Stirnlampe am Tagebuch, während seine Begleiter in die Zelte verschwinden!

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