Samstag, den 25.05.2013 – von Pürciems (ca. 11 km vor Roja) bis Plienciems Hütte „Zivartins“

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Am Morgen ist das Wichtigste für einen Camper mit Zelt: das Wetter. Es gab Wetter. Hier kann man nicht sagen: „ es ist kein Wetter“. Die Sonne kam langsam hinter den Bäumen aus Richtung Ostsee hervor und wärmte unseren Zeltplatz. Gut ausgeruht (im Gegensatz zu meinen Freunden, die wohl bis nach 24:00 Uhr am Blog geschrieben haben) suche ich den Regenwassertank zwecks erfrischender Morgenwäsche auf, da am offiziellen Waschplatz nur ein Rinnsal aus dem Wasserhahn tröpfelte.
Zurück am Zelt, den Blick gegen den Himmel und zu den Fahnen des Campingplatzes verrieten einen schnellen Wetterwechsel. Mit Wolken und Nord – Ostwind mussten wir uns nun auseinandersetzen. Die Zelte sind nach einem guten Frühstück schnell abgebaut. Um 9:45 Uhr starten wir Richtung Riga. 80 km Tagespensum sind geplant. Ich ahne: zum Rad fahren „ist heute kein Wetter“! So kommt es dann auch. Nach 20 km und einer Stunde auf dem Sattel heißt es Regenkleidung anlegen. Zunächst nieselte es. Dann kam der nicht heftige, aber beständige – typische – Dauerregen in Streifen. Nach weiteren 25 km suchten wir im kleinen Hafenort Mersrags ein Restaurant und wurden in einem etwas abgelegenen Hotel fündig. Das Essen war gut. Die Zeit wurde mit Blogschreiben, Mails absenden (das Restaurant hatte WiFi) für unsere Leser und warten auf besseres Wetter verbracht. Das kam aber nicht. Wie gesagt „es war kein Wetter heute“. Insbesondere nicht für Radfahrer. 60 km im Regen fahren. Was fühlt und denkt man(n)? Anfangs die Frage, ist die richtige Kleidung zur rechten Zeit angelegt? Ja. GoreTex-Socken (habt ihr sicher schon von gehört – wenn nicht, schlagt nach) in Sandalen, um das Wasser wieder herauslaufen zu lassen, halten die Füße trocken und warm. Beinlinge und Radlerhose wärmen den Körper und werden von der absolut wasserdichten Regenhose gegen Außeneinwirkungen geschützt. Am Oberkörper Funktionsunterwäsche, Softshell- und absolut dichte Hardshellkleidung vervollständigen den Regenschutz. Das Wichtigste ist dann noch der Radlerhelm mit einer darunter befindlichen Mütze und ein wasserdichter Überzug. Die Hände sind ein Problem. Handschuhe sind meist nicht wasserdicht und da heißt es immer Finger bewegen und nicht steif werden lassen. Das alles hält den Regen ab! Nun, hört sich gut an – ist es bis zu einem gewissen Grad auch. Nur der Körper erhitzt sich natürlich bei der Fahrt bei leichtem Rückenwind und 20 km/h Geschwindigkeit. Irgendwann hat die Funktionswäsche und Softshellschicht ihre Aufnahmekapazität erreicht und der kühle Fahrtwind von außen die Hardshellschicht und damit alle Isolierschichten überwunden. Schneller treten, nicht stehen bleiben und nicht auskühlen ist angesagt. Nach 60 km stellte Jürgen in der Nähe eines möglichen Campingplatzes mit kleinen Blockhäusern die Frage: weiterfahren oder einkehren? Unter dem Dampf der noch warmen Innenschichten und einer positiven Einschätzung der Leistungsfähigkeit entschied ich mich wie Heiner zum Weiterfahren. Heiner meinte, wir können auch noch bis Riga fahren – nochmal 70 km. Ich protestiere laut. Nun fuhren wir dem am Vortag bei gutem Wetter festgelegten Ziel entgegen. Bei mir sank nach 70 km die Motivation. Die Radfahrbedingungen auf einer immer verkehrsreicher werdenden Küstenstraße mit teilweise tiefen Fahrrillen sind ein eigenes Thema. Erste Versuche, nach 80 km eine Hütte zu finden, schlugen fehl. Es regnete beständig weiter. Dann wurden wir fündig. Verdeckt vom überall vorhandenen Kiefernwald standen Ferienhütten wie sie hier in Lettland sehr häufig anzutreffen sind. Der Sohn der Besitzerin zeigte uns ein Häuschen mit WC, Dusche, Küche und 4 Schlafmöglichkeiten. Wir stimmten zu. Draußen regnete es unentwegt weiter. Mit Hilfe unseres Vermieters wurden Schnüre zum Trocknen unserer Unter- und Oberkleidung in Küche und Dachgeschoss gespannt. Nach dem heißen Duschen gab es Nudeln mit Rindfleisch und wer noch Hunger hatte, aß das wunderbare dunkle lettische Brot mit Kümmel und Salami bzw. Heiner Käse, da in seinem Kauwerk etwas gefährlich wackelt (er verliert wahrscheinlich einen Milchzahn). Der Tag klang trotz allem gut aus. Ich verrate nicht, was wir getrunken haben. Ihr könnt ja mal Mutmaßungen in unseren Blog schreiben. Gute Nacht.

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