Freitag, der 21.06.2013; wir schlafen in himmlischen Betten auf dem Campingplatz in Nykarleby; fahren ausgeruht und daher locker zum nächsten Campingplatz nach Himanka und erleben auf einem turbulenten Campingplatz, wie Finnen das Johannisfest feiern.

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Mensch haben wir ein Glück! Ja, wer hätte denn nach dem regnerischen Tag gestern gedacht, dass wir uns und unsere Zelte noch trocken bekommen. Da am Nachmittag eine finnische Romasippe im wahrsten Sinne des Wortes Besitz vom Campingplatz genommen hatte und uns im Aufenthaltsraum immer mehr an die Seite gedrückt hat, hatte Yvonne, die Chefin des Platzes, wohl Mitleid mit uns. Annika, das nette Mädchen von der Rezeption kam eigens durch die regennasse Wiese zu mir zum Zelt gestapft und fragte, ob wir nicht lieber in einem Appartement schlafen wollten. Man sei sich nicht sicher, ob es in der Nacht nicht zu laut würde und wir wären ja so freundliche Gäste und sie würde mir gerne das Zimmer zeigen, dass natürlich keinen Aufpreis kosten würde. Ein großer Raum mit integrierter Küche, separatem Schlafzimmer und Nasszelle ließ mich keinen Augenblick überlegen und ich nahm natürlich mit großem Dank an. Karl-Josef war natürlich sofort einverstanden, nur unser armer Heiner hatte sich im Gegensatz zu uns (wir „saßen“ praktisch auf gepackten Taschen) ja schon wieder komplett im Zelt eingerichtet (s. Bericht vom 20.06.13) und hatte keine Lust nun wieder alles ein- und auszupacken. Aber Karl-Josef in seiner überzeugenden Art schaffte es dann doch, Heiner die Vorzüge zu vermitteln. Wir spannten die tropfnassen Zelte ins Badezimmer. Nun muss man wissen, dass in Skandinavien die Böden in den Badezimmern häufig mit einem dicken Kunststoffbelag gestrichen sind und im Duschbereich dann ein Bodeneinlauf ist. Man duscht also frei in den Raum rein und anschließend wird per Schaber alles dem Bodeneinlauf zugefegt. Jeder wie er meint, aber für unsere tropfenden Zelte genau das Richtige. Mit Schrecken fiel uns im Laufe des Abends ein, dass wir ja noch Sachen im Kühlschrank hatten. Unter anderem unsere so wichtige Butterdose, mit einem zig-mal geschmolzenen Rest und einer neuen Butter, die die Dose wieder füllen sollte. Butter ist ein Problem auf einer Trekkingtour. Wenn tagsüber die Sonne scheint, dann heizen die Taschen auf und die Butter schmilzt. Deswegen haben wir eine Dose mit 4-seitig festklippbarem Deckel, die uns bisher gute Dienste getan hat. Zudem fiel Heiner ein, auch noch ein Ladegerät für den Akku seines Fotoapparates in dem Raum zu haben. Warum ist das Ganze ein Problem, nun, weil der Raum erst um 16:00 Uhr wieder geöffnet wird und wir doch morgen früh weiter wollten. Aber wie habe ich eingangs geschrieben, wir haben Glück. Nach dem Frühstück finde ich an der Außenseite der Rezeption einen Zettel mit einer Telefonnummer und erreiche die Chefin Yvonne sofort, die zufällig in der Nähe mit dem Auto eine Besorgung macht. Kurze Zeit später ist die Butterdose gerettet, die übrigen Lebensmittel aus dem Kühlschrank entnommen und Heiners Ladegerät haben wir dann auch wieder. Nach dem gestrigen Regentag geht der Blick ängstlich zum Himmel und es lässt sich kurz nach 9:00 Uhr noch nichts Belastbares erkennen. Aber es ist deutlich wärmer als gestern. Es geht über eine Landstraße zunächst in Richtung Jakobstad. Die landwirtschaftlichen Flächen werden hier jetzt ausgedehnter und wir sehen vereinzelt auch einige größere Höfe darunter, z.T. wieder mit Folienhäusern. In Jakobstad sind wir um 11:30 Uhr und finden am Ortsrand einen Supermarkt. Wir müssen heute zeitig einkaufen, denn die Geschäfte werden heute früher geschlossen (vergleichbar wie bei uns Hl. Abend). Unser Geschäft schließt um 12:00 Uhr und es werden noch schnell Proviant für heute und morgen eingekauft und in den üppigen (ironisch gemeint) Freiräumen unserer Taschen verstaut. Der Reiseführer wusste zu berichten, dass im Hafen von Jakobstad ein original altes Handelsschiff aus dem 18. Jhd. restauriert wird und sehenswert sein soll. Den Hafen finden wir, nur ist der einige Kilometer lang, aber das Handelsschiff finden wir nicht. Frustriert drehen wir ab und nehmen die Fährte auf in Richtung der Stadt Kokkola. Glücklicherweise hat die gut befahrene Landstraße überwiegend einen separaten Radweg und das Wetter bleibt uns auch wohl gesonnen. Zu Kokkola hatte der Reiseführer nicht viel zu berichten, daher streifen wir es nur, ohne uns etwas anzusehen. Man findet in Nord-Skandinavien, was es in dieser Form bei uns in Deutschland nicht gibt. Da die Skandinavier es gewohnt sind, mit Schlitten und Ski umzugehen, sehen Rollatoren hier etwas sportlicher aus, wie auf den beigefügten Bildern ersichtlich. Auf der Strecke erleben wir noch, wie eine Schnepfe versucht ihre Jungen zu verteidigen, indem sie Heiner und Karl-Josef laut anschreit, aber als ich kurze Zeit später nachkomme und an den im Seitenstreifen streunenden Jungen vorbei muss, fliegt sie auch Attacken gegen mich. Da ich aber einen Helm anhabe, brauche ich mir keine allzu großen Sorgen zu machen. Als wir am Nachmittag in das Städtchen Himanka kommen, wird dort ein Campingplatz angezeigt. Mich gelüstete ja nach einer Nachtfahrt in der längsten hellen Nacht des Jahres, aber meine Mitradler hielten dies nur für einen Witz. Ich hätte es spannend gefunden auf dem Rad den Tageswechsel zu erfahren. Aber wir hatten heute ja auch schon wieder unsere 100 km geschafft. Auf dem Campingplatz war schon Jubel, Trubel, Heiterkeit als wir dort ankommen. Nur die Rezeption war schon geschlossen. Aber wir wurden direkt von freundlichen Campingbewohnern in Empfang genommen und auf eine schöne Wiese direkt an die Küste geführt, wo wir beschlossen unsere Zelte aufzustellen. Eigentlich schon seit Estland fällt uns immer wieder auf, dass eines der liebsten Hobbies der Menschen das Rasenmähen ist. Fast überall und bis in den späten Abend hinein knattert irgendwo immer ein Rasenmäher. Auch geräuschlose, selbstgesteuerte Mäher suchen sich wie ein grasendes Schaf die wieder gewachsene Grashalme. Nun gab es auf dem Campingplatz eine schöne Situation, dass ein kleiner Junge versuchte einen für ihn zu großen Rasenmäher zu schieben. Ich fragte daraufhin die Eltern, ob ich ein Foto machen dürfte. Der Junge war dann aber so eingeschüchtert, dass er nicht mehr wollte. Nun nahm ein schon etwas angeheiterter Onkel des Kleinen sich den Rasenmäher, schmiss ihn an und mähte einen Weg zu unseren Zelten, den Stellplatz für unsere Zelte und um unsere Zelte herum und machte sich ein Spaß daraus. Nachdem die Zelte aufgebaut und eingeräumt waren bereiteten Karl-Josef und Heiner noch das Abendessen, dazu gab es frisches, kaltes Wasser aus dem Wasserhahn. Danach ging Heiner saunieren, ich sortierte im Notebook Bilder für die News und Karl-Josef beschäftigte sich mit seinem Garmin (Navigationsgerät). Auf unserem Zeltplatz war es nun merklich ruhiger geworden, so dass wir beschlossen, noch in Richtung Musik auf ein Bier zu gehen. An einer kleinen Gastwirtschaft hatte sich nahezu der ganze Platz eingefunden. Es wurde geklönt, gelacht, gesoffen und getanzt. Dass sich so mancher männlicher Tänzer dafür Mut angetrunken hatte, war nicht zu übersehen. Auch wir schickten unseren Tanzchampion Heiner auf die Bühne, da er immer für die nötige Kontaktpflege sorgt, was immer gut gelingt. Im Verlauf des Abends trauen wir unseren Augen nicht, weil auf einmal 2 Frauen aus der Romagruppe auftauchen von unserem Campingplatz den wir am Morgen verlassen hatten und der doch nun schon über 100 km weiter südlich lag. Dies ließ mich doch in einige Mutmaßungen verfallen, was sie hierhin verschlagen hat. Auch eine größere Familiengruppe farbiger Bewohner kommt zum Johannisfest und wird von allen freundlich aufgenommen und in Gespräche eingeschlossen. Die Live-Musik ist schon etwas gewöhnungsbedürftig. Die finnische Sprache beinhaltet sehr viele Konsonanten und hier insbesondere gerne das „K“ und so klingt es einfach unharmonisch. Ein erhofftes Johannisfeuer oder eine Gesangseinlage oder etwas Feierliches so um 24:00 Uhr gab es nicht. So gehen wir um 00:30 Uhr wieder zurück zu unseren Zelten und genießen die immer noch taghelle Nacht.

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